Für wen gilt die Pressefreiheit und wie hält es PEGIDA mit der Meinungsfreiheit?

Ich bin ja hin und wieder bei verschiedenen Demonstrationen, filme dort und veröffentliche die Videos bei Youtube. Angefangen hat es mal mit den Protesten rund um Stuttgart 21, aber in der Zwischenzeit sind auch PEGIDA-, AfD-, Anti-Homosexuellen-Demos und so weiter mit dabei. Mit der Polizei hatte ich – bis auf manche kleinere Diskussionen – nie relevante Probleme, selbst vom großen Wasserwerfer-Einsatz am Schwarzen Donnerstag konnte ich weitgehend ungestört berichten und habe umgekehrt natürlich auch nie die Polizei bei der Arbeit gestört.

Nun sind Pegida-Demonstranten noch mal etwas ganz spezielles: auf der einen Seite beschweren sie sich darüber, dass sie ihre Meinung angeblich nicht äußern dürften, die bösen linksgrün-versifften Mainstream-Medien (also alle außer RT, der Jungen Freiheit, PI-News etc) sie nicht korrekt wiedergeben würden und so weiter. Wenn ich sie dann auf den Demos befrage, wollen viele nichts sagen. Letztens war ich wieder in München bei der dortigen Pegida-Demo (einem offiziellen Ableger der Dresdner). Als sich gerade drei Herren mit mir vor der Kamera über die AfD unterhalten haben, kam ein Ordner angelaufen und beschwerte sich, dass ich die Leute interviewe. Was mir überhaupt einfalle, ob ich einen Presseausweis habe und so weiter. Lange Rede kurzer Sinn: Der Herr wollte mich von der Polizei entfernen lassen – und das erschreckende: die Polizei spielte dabei auch noch mit!

Die Begründung der Polizei: Wenn ich keinen Presseausweis eines der großen Journalistenverbände vorweisen könne, dann sei ich auch nicht journalistisch tätig, und wenn dann der Ordner mich nicht auf der Demonstration haben wolle, dann müsse ich raus. Beides halte ich für rechtlich nicht haltbar und überlege, gegen die Entscheidung der Polizei vorzugehen. Wenn mit jemand einen entsprechenden Anwalt mit Erfahrung und Kompetenz im Verwaltungsrecht sowie (Bayerischem) Versammlungs- und Presserecht empfehlen kann: gerne!

Wer ist heutzutage überhaupt »Presse«?

Denn der Fall hat durchaus einige Punkte, die (rechtlich und politisch) interessant sind und das Spannungsverhältnis zwischen klassischem Journalismus und den neuen Möglichkeiten die das Netz bietet aufzeigen. Denn früher war es eben nicht ohne weiteres möglich, eine Zeitung oder einen Rundfunksender aufzubauen. Da war immer eine gewisse Organisationsstruktur nötig. Heutzutage ist es aber dank des Internets viel einfacher, Inhalte zu veröffentlichen. Viele machen das auf die eine oder andere Art, und wer ist nun Presse und erhält welches Privileg? Die Diskussion über die angeblich ach so doofen Blogger, die ja gar keine echte Presse sind wurde schon häufig geführt. Irgendwann war Ruhe und allen war klar: Ein Blogger kann Journalist sein, ein Journalist kann Blogger sein, aber weder das eine noch das andere muss (immer) so sein. Bei der Landesverrats-Affäre um netzpolitik.org war dann allen klar: das sind Journalisten. Naja, nicht allen: bei der FAZ sah man das irgendwie noch anders.

Aber bin ich Presse, wenn ich bei Demonstrationen Filme, Demonstranten Interviewe und die veröffentliche? Das mag man so oder so sehen, aber auf jeden Fall ist dies keine Tätigkeit, die ich hauptberuflich ausübe um damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen – dies ist aber eine Voraussetzung, um einen Presseausweis eines der großen Journalistenverbände zu erhalten. Ich habe mich bisher auch nicht darum bemüht, einen zu erhalten, da es auch ohne ging. Ein Presseausweis ist auch keine notwendige sondern nur eine hinreichende Bedingung, um im Einzelfall als Pressevertreter anerkannt zu werden. Viele besorgen sich nur deswegen einen, um irgendwelche Vergünstigungen und Rabatte zu erhalten oder einfach nur um mit »ich bin Presse, ich bin wichtig!« damit herumzufuchteln. Ich fand das schon immer lächerlich, aber nun gut. Man kann sich auch einen selbst ausstellen – ob das dann jemand ernster nimmt, ist eine andere Frage. Und ich möchte ja nur ein »Privileg« haben, das man in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft eigentlich als Selbstverständlich ansehen sollte: das Recht, auf einer öffentlichen Versammlung zu filmen die Teilnehmer zu befragen – natürlich ohne die anderen zu stören und ohne jemanden zu einer Antwort zu zwingen.

Darf der Veranstalter einer Demo einzelne Personen ausschließen?

PEGIDA München will das offensichtlich nicht. Aber sonst schreien sie: die Mainstream-Medien seien Lügenpresse. Aber andere wollen sie auch nicht. Wollen dürfen sie vieles, aber warum muss die Polizei deren Wünsch erfüllen? Die Rechtsgrundlage kann wohl nur § 18 Abs. 3 des Versammlungsgesetzes sein. Aber das besagt, anders als man annehmen mag: Bei einer Versammlung unter freiem Himmel hat der Veranstalter kein Hausrecht und kann keinen Teilnehmer entfernen (und anders als ich das im Video eingeschätzt habe: auch wer als Berichterstatter oder gar Gegner auf einer Demo ist, ist Teilnehmer). Nur die Polizei kann das – und das auch nur bei gröblicher Störung. Habe ich »gröblich gestört«? Wohl kaum, denn laut den einschlägigen juristischen Kommentaren reichen dazu selbst laute Zwischenrufe und ähnliches nicht aus.