Darf der Datenschutz die Geschichte fälschen?

Seit der Bundestagswahl 2005 betreibe ich mit WEN WÄHLEN? eine Art Wahl-O-Mat für die einzelnen Wahlkreise und Landeslisten. Anhand der verschiedenen Meinungen der Kandidaten können sich die Wähler jeweils ein Bild machen, welcher Kandidat am besten zu ihnen passt und dies auch halb-automatisch auswerten lassen.

Immer wieder gibt es Kandidaten, die ihre Profilseite (Beispiel für eine Profilseite: Saskia Esken) gelöscht haben möchten, und auch in der  Übersicht über den Wahlkreis (Beispiel: Stuttgart I), oder der Landesliste (Beispiel: Piraten Baden-Württemberg) nicht mehr aufgeführt werden wollen. Dies betrifft vor allem, aber nicht nur, ehemalige Kandidaten vom Rande des Parteienspektrums: NPD und AfD sind überproportional vertreten (erstere drohen dann auch mal, irgendwelche Kameraden vorbeizuschicken), insgesamt sind aber alle Parteien dabei. Oft wird mit Anwalt gedroht, und dann empfehle ich auch den Gang zu eben diesem: er kann den Ex-Kandidaten dann erklären, dass sie als relative Person der Zeitgeschichte eine Berichterstattung über ihre politischen Aktivitäten dulden müssen. Es geht ja nicht um Klatsch&Tratsch aus dem Privat- oder Intimleben, falsche Behauptungen oder ähnliches.

Nun hat sich ein Kandidat an den Landesbeauftragten für Datenschutz Banden-Württemberg gewandt, und ich sollte begründen, warum ich denn auf die böse Idee komme, personenbezogene Daten zu verarbeiten. Meine ausführliche Antwort nebenan: Datenschutz darf nicht zu Geschichtsfälschung führen!

Allzu professionell scheinen die Mitarbeiter beim hiesigen Landesdatenschutzbeauftragten allerdings nicht zu arbeiten: der im Brief genannte PGP-Key und dessen Fingerprint sind nicht mehr gültig, veraltet und zurückgezogen, die Webseite ist nicht via HTTPS erreichbar, der neue PGP-Key nicht verifizierbar (z.B. nicht von Kollegen aus anderen Bundesländern signiert), auf meine Bitte um Eingangsbestätigung kam keine Antwort. Nun, da verwundert es auch nicht, dass als Begründung, warum die Veröffentlichung des Wahlprofils datenschutzwidrig sein soll, das „spickmich“-Urteil des BGH zu rate gezogen wird: der BGH hatte in dem Fall entschieden, dass eine Lehrerin dulden muss, dass auf einer Internet-Plattform ihr Name veröffentlicht wird und sie dort bewertet wird. Warum dies nicht für einen Politiker gelten soll, der schon qua Amt in der Öffentlichkeit steht, ist kaum verständlich.