Seit März 2008 dürfen die Daten der Vorratsdatenspeicherung nur für die Aufklärung schwerer und schwerster Straftaten verwendet werden – so hat es das Bundesverfassungsgericht in einem Eilverfahren entschieden.
Im Jahr 2009 hat allein die Deutsche Telekom 2.095.304 IP-Adressen an die Abmahnindustrie herausgegeben. Ganz ohne Vorratsdatenspeicherung, denn diese daten durfte sie ja dafür nicht verwenden.
Auch nachdem das Bundesverfassungsgericht 2010 die Vorratsdatenspeicherung komplett gekippt hatte, gingen die Massenabmahnungen der Abmahnindustrie weiter.
Die Abmahner, die so gegen Urheberrechtsverletzungen, Filesharing usw. vorgehen wollen, brauchen also nicht die Vorratsdatenspeicherung. Sie kommen auch so an die zur Abmahnung nötigen Daten.
Joachim
So iss es. Es braucht (...) keine VDS.
Dazu drei "Kleinigkeiten" noch:
- wie kann die Telekom diese Daten denn an die "Abmahnindustrie" weitergeben, wenn sie (wenigstens bei Flatrates) nicht gespeichert werden dürfen? Ich finde das unlogisch.
- die VDS umfasst nicht nur IP-Adressen. Die verknüpft jegliches Kommunikationsverhalten, etwa Standortdaten, wer wann mit wem usw. Die geplante VDS setzt teilweise zwingend DPI z.B. für VoIP voraus.
Dazu müsste es sehr gute Gründe geben. Gründe, die aus meiner Sicht einen gesellschaftlichen und/oder politischen Bankrott bedeuten. Wenn wir das (totale präventive Überwachung) brauchen, dann ist dieser Staat (Staat im weitesten Sinn) vollkommen defekt. Ob sich dieser Defekt ausgerechnet mit der VDS "reparieren" lässt, das ist zu bezweifeln.
- Mail soll von der VDS ausgenommen werden. Ist das so, weil die Möglichkeiten der Sina-Boxen weit über die VDS hinaus gehen? Damit wäre das Argument, Mail sei ausgenommen, Augenwischerei und damit Zeichen einer gestörten Politik(er)kultur.
Ich finde, die Politik sollte sich auch dazu einmal äußern.
Alvar Freude hat auf den Kommentar von Joachim geantwortet
Die Aussage von oben ist: Die Abmahnindustrie braucht keine VDS. Umgekehrt heißt das aber auch: Wer gegen Massenabmahnungen vorgehen will, braucht sich um die VDS nicht zu kümmern.
Gleichzeitig bedeutet es aber nicht, dass man zur Strafverfolgung diese Daten nicht braucht. Bei den IP-Adressen ist es so, dass die Abmahn-IPs in Echteit anfallen und schnell abgefragt werden können. Es gibt einen Rechtsanspruch der Abmahner auf diese Auskunft.
Bei der normalen Strafverfolgung fallen die Daten (hier: IP-Adressen) aber oft erst Tage oder Wochen an, so dass eine Auskunft oft nicht mehr möglich ist. (Ob man das gut oder schlecht findet, sei jetzt mal dahingestellt).
Wie wir alle wissen, darf die Telekom 7 Tage speichern. Das reicht den Abmahnen.
Das ist schlicht falsch, wie kommst Du da drauf? Nicht der Access-Provider ist verpflichtet zu speichern, wer mit wem telefoniert. Sondern der VoIP/SIP-Anbieter.
Man kann von dem Entwurf von Maas halten was man will, aber es steht explizit drin, dass die Access-Provider keine Inhaltsdaten erfassen dürfen.
Die Sina-Boxen machen nur die Übertragung der Daten. Du meinst: die Telekommunikationsüberwachung geht darüber hinaus. Ja, klar, genauso wie die TKÜ beim Telefon darüber hinaus geht oder der große Lauschangriff (Wohnraumüberwachung) darüber hinaus geht. Darum dürfen die auch nicht ohne weiteres durchgeführt werden. Auch da kann man sich über „wie sollte es sein“ streiten, ich rede jetzt nur mal über die Fakten.
Was aber nicht geht ist, nachträglich festzustellen, wer mit wem kommuniziert hat.
Wer oder was ist „die Politik“? Und zu was soll sie sich äußern? Soll sie Dir vorhalten: „Informiere Dich gefälligst, bevor Du irgendwelchen Unsinn in die Welt setzt?“ Sorry, aber welche Überwachungsmöglichkeiten es in welchem Kontext gibt ist eine öffentliche Information.
Warum die Mail-Metadaten nicht aufgezeichnet werden müssen ist vermutlich einfach: wurde selten abgefragt, bei schweren Straftaten kommt man an die gelagerten Mails oft auch ran und man wollte eben nicht alles speichern lassen.
Joachim
1. Mail:
Wieso soll man bei IMAP nicht teilweise über Jahre feststellen können, wer mit wem kommuniziert und sogar, was die Inhalte waren? Es sind weniger die Sina-Boxen, die böse sind. Es ist die einfache und geheime Zugriffsmöglichkeit, die mangelhafte richterliche Kontrolle und die Auskunft, die in der Regel verweigert wird.
Eine Mail-VDS ist einfach unnötig. Das Ausklammern in der VDS ist kein Argument. Das dennoch anzuführen halte ich für unredlich. Dein letzter Satz scheint mir das zu bestätigen.
2) VoIP:
Seit wann brauche ich für VoIP einen Anbieter? Was ist mit Skype und unzähligen anderen Anwendungen, die VoIP ermöglichen? Wird da nicht gespeichert? Wenn doch, dann ist dazu DPI notwendig. Wenn nicht, dann sollte man VoIP genauer definieren.
3)
IP-Speicherung: Bitte, die Politik sollte nachweisen, dass die Speicherung der IP-Adressen schwerste Verbrechen verhindert oder sie aufklären hilft. Die Praxis in Frankreich, Norwegen, USA usw. sprechen dafür, dass dem nicht so ist.
Übrigens "... Unsinn in die Welt setzt" ist nicht nett. Immerhin ist die neue VDS neu. Es existiert keine ultimative Quelle weil es kein Gesetz gibt. Ich brauche die konkreten Aussagen der Politiker. Es ist vielmehr "Unsinn" (sorry, nur um den Spieß umzudrehen), diese Frage mit bestehenden, durchaus zu kritisierenden Überwachungsmöglichkeiten abzutun. Die bisherigen Aussagen der Politik reichen mir definitiv nicht.
Laura | Rechtsanwälte in den Niederlanden: AMS Advocaten
Interessant. Ich kann mir nur leider nicht vorstellen, dass hier nur um die Aufklärung „schwerer und schwerster“ Straftaten ging.