Netzpolitik.org hat dazu aufgerufen, insbesondere die SPD-Bundestagsabgeordneten anzuschreiben und die Abgeordneten aufzufordern, sich gegen den aktuellen Entwurf der Vorratsdatenspeicherung zu stellen.
Vielen ist nun nicht so klar, was sie denn überhaupt schreiben sollen. Daher hier ein paar wichtige Tipps für alle, die den Aufruf von Netzpolitik.org torpedieren wollen, die Netzpolitik.org schon immer doof und die Vorratsdatenspeicherung ganz dufte toll finden; also die wollen, dass die Vorratsdatenspeicherung kommt; also ein Tipp für alle, die wollen, dass die SPD-Abgeordneten zustimmen:
Schreibt ihnen Briefe/Mails/Faxe, quatscht sie auf Twitter oder Facebook an, und sagt den blöden Politikern endlich mal die Meinung; wenn ihr dann noch gegen die Vorratsdatenspeicherung argumentiert, ist das der beste Weg zur schnellen Durchsetzung eben dieser. Im Idealfall wird der Text leicht angetrunken Nachts geschrieben und sofort abgeschickt. Wichtige Elemente solcher Briefe o.ä. wären zum Beispiel:
- Das Wort „Verräterpartei“ und „Verräter“ sollte auf jeden Fall Vorkommen
- Wie wäre es mit der Anrede: „Sehr geehrter Verräterpolitiker der Verräterpartei“?
- „Ihnen sind doch die Bürgerrechte egal“ ist auch hilfreich
- Stasi, Gestapo usw. sollten auch drin vorkommen!
- Der Vorwurf, Verfassungsfeind zu sein, sollte nicht fehlen
- „Die SPD wird wieder mal Steigbügelhalterr der Überwachungsdiktatur“ hilft auf jeden Fall
- Auf keinen Fall solltest Du Dich genauer inhaltlich äußern
- Ein Hinweis auf Hochverrat und Landesverräter ist nicht schlecht
- Am besten garniert mit dem Hinweis, dass Hochverräter hingerichtet gehören
- Nette Anspielungen wie „den Verfassungsbruch in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf“ klappen immer
- „Lallbacke Sigmar Gabriel“ – nicht schlecht
- Irgendwas von „Sie sind ja nur Unterstützer der Abmahnmafia“ dürfte auch helfen
- „Unsere PolitikerInnen scheißen auf die Menschenrechte und brechen unsere Gesetze“
- Immer wieder gerne gesehen: „Die SPD ist spätestens seit Schröder keine "sozialdemokratische" Partei mehr!“
- „SPD und CDU gehören zum Unterstützerkreis des Terrors“ ist auch noch eine Idee
- Aber das allerallerallerwichtigste ist der Spruch: „Wer hat euch verraten? Sozialdemokraten!“ – damit erreicht ihr garantiert das Gegenteil von dem im Brief geforderten und beweist gleichzeitig, dass ihr entweder keine Ahnung von Geschichte habt oder kleine verkappte Nazis seid – solche Leute wird kein vernünftiger SPD-Abgeordneter unterstützen.
Wer aber tatsächlich erreichen will, dass die SPD-Abgeordneten im Bundestag die Vorratsdatenspeicherung nicht im Schnelldurchgang durchwinken, der sollte obiges vermeiden, Alternativen aufzeigen, konkret schreiben was ihn stört und so weiter. Ein ganz einfacher Punkt wäre beispielsweise: darauf hinweisen, dass ein solches Gesetz, das eine genaue verfassungsrechtliche Bewertung verlangt, nicht im Schnelldurchlauf verabschiedet werden sollte. Eine Experten-Anhörung im Bundestag wäre vielleicht auch eine gute Forderung. Und so weiter.
Ein paar inhaltliche Anregungen gibt es auch in meinem Gutachten zur Vorratsdatenspiecherung.
Netsrot Nhark
Die Zitate stammen sicher alle aus den Kommentarspalten der Online-Bild. Nein? Oh!
Alvar Freude hat auf den Kommentar von Netsrot Nhark geantwortet
Nö, von netzpolitik.org, heise-Forum und ähnlichem.
Elke Wendtorf
Ja, es ist schlechter Stil, aber wenn ich mir ansehe, wie oft wir mit Engelszungen auf die SPD eingeredet haben, wenn ich mir ansehe, wie oft wir als Antwort bekam, man nähme unser Anliegen sehr ernst und natürlich gäbe es keine - och, nehmen wir doch mal als Beispiel die Vorratsdatenspeicherung -, wundert es mich nicht, wenn einige die Fassung verlieren. Taktisch ist es dumm, aber menschlich nachvollziehbar.
Dominik Belca
Am Ende wird das Gesetz aber trotzdem kommen. Und vor dem Verfassungsgericht landen. Und dort dann - hoffentlich - wieder für ungültig erklärt werden.
So gesehen wird eine schnelle Verabschiedung die Sache also nur schneller erledigen.
Ali
Ja, stimmt schon, mit der Wahrheit sollte man der SPD nicht kommen.
Man was haben sie alles für uns getan!
Angefangen bei der Mehrwertsteuer, wo statt der versprochenen 0% und angedrohten 2% sogar 3% mehr rauskamen, über Hartz IV, wo vor lauter Fordern das Fördern vergessen wurde (dafür aber mehr obdachlose Analphabeten), bis zu TTIP, das erst total böse und plötzlich doch total geil ist. Ja, natürlich sind unser Bundestagsabgeordneten der SPD
- keine Verräter oder Verräterpolitiker
- keine Mitglieder einer Verräterpartei
- sympatisieren nicht mit Methoden, nach denen sich Gestapo und Stasi alle zehn Finger und Zehen geleckt hätten
- keine Verfassungsfeinde, denn wir haben ja eh keine Verfassung und somit kann das Bundesverfassungsgericht auch gleich mal schön die Fresse halten (stört eh nur)
- keine Unterstützer der Abmahnmafia (wo Produzenten über Filme des menschlichen Paarungsverhaltens mehr Geld mit Abmahnungen als dem Filmverkauf machen) und der Redtube-Fall.. ach lassen wir das.
- keine Gesetzesbrecher (sind ja schließlich immun solange sie Abgeordnete sind)
Ja, wie kann man nur...
Alvar Freude
Nur mal so der Hinweis, für alle die es überlesen haben: ich habe nicht geschrieben, ihr sollt irgendwelche Politiker gut oder schlecht finden.
Ich habe geschrieben, was ihr machen (oder nicht machen) könnt, wenn ihr etwas bestimmtes erreichen wollt. Das ist so ähnlich, wie eine Verhandlung mit dem Chef oder mit Kollegen: wer die beleidigt, wird sein Ziel nicht erreichen.
joseph garcin
Wo bliebe denn dann er Spass beim Aktivismus? Aktivist zu sein muss ja nicht gleich bedeuten das etwas erreicht werden wird; oder auch nur soll. Wer hat den sowas behauptet?
Seit dem wegfalls eines politischen Armes der 'Internetcommunity' und der Einführung der 'Netzgemeinde TM' besteht doch sowieso keinerlei Verhandlungspotential mehr; diese Tristess des Wegfalls der eigenen Einflußmöglichkeiten muss kompensiert werden. Immerhin steigt Zahl und Takt der Niederlagen und Verluste seitdem steil an.
Der Spass kommt jetzt wie beim Sport von der Aktivität selbst! Es jetzt um Zeichen der richtigen Gesinnung untereinander und den Spass an der Sache. Gamification statt tristem Engagement.
Es gibt dieses Jahr sogar wieder die FSA. Eine Protestform die man vorher wegen zu geringer Teilnahmezahlen bereits zu grabe getragen hatte. Besser kann man seine Verwirrung und den Wunsch nach Geseligkeit doch nicht ausdrücken.
Wem macht das bitten um etwas schon Spass. Vom freudlosen Argumentieren ganz zu schweigen.
Es ist doch schön seine eigene Machtlosigkeit durch juvenilen Allmachtsphantasien zu begegnen.
Und die stets dräuende Uneinigkeit - man weis ja nie warum der andere jetzt was mit Computern macht - unter der wärmenden Decke der Erregung und Feindseligkeit zu überdecken.
Alvar Freude hat auf den Kommentar von joseph garcin geantwortet
Na dann aber hinterher auch bitte nicht beschweren, wenn es doch nicht geklappt hat.
Melebert
Alvar, nur weil Leute den Ton verfehlen und deshalb deren Wortmeldung nicht ankommt bzw abgelehnt wird, heißt es nicht, dass die Wortmeldung das Gegenteil bewirkt. Wenn es wirklich so wäre, wie du behauptest, dann wäre das auch beim Politiker eine Trotzreaktion, frei nach dem Motto: "Du beleidigst mich, also mache ich es trotzdem."
Das wäre Kindergarten-Sandkastengruppe-Niveau. Willst du also tatsächlich behaupten, dass Politiker auf diesem Niveau agieren?
Politiker sollten mittlerweile alle Argumente mindestens drei Mal gehört haben und sich entschieden haben, was sie machen. Argumente sind gerade die schlechtesten Hilfen, wenn man mit Politikern spricht, weil sie sich sowieso schon unglaubwürdig gemacht haben, so wie sich SPD, CDU & Co positionieren und argumentieren. Diese Leute wurden vielfach widerlegt.
Es hilft nur noch öffentlich auffordern sich direkt bei den Politikern zu melden und ihnen klar zu machen, dass ihre Entscheidung wieder verfassungsfeindlich ist. Die Menge der Wortmeldungen ist wichtig und die Deutlichkeit. Öffentlichkeit schaffen und ganz unterschiedlich bei den Politikern "anklopfen", um sich bemerkbar zu machen. "Des Volkes Stimme" muss aufgrund der Menge der Wortmeldungen den Politkern sagen, dass das nicht im Interesse ihrer Wähler ist und dass dies Auswirkungen für die Wiederwahl der Politiker hat. Der Ton ist sekundär, kann aber auch tatsächlich darin münden, dass sich einzelne Leute aufgrund ihrer Wortwahl Klagen wegen Beleidigung ausgesetzt sehen.
Alvar Freude
So ist das nicht, aber: die Entscheidung fällt vielen Abgeordneten nicht leicht. Auch wenn man das außen nicht so sieht: da läuft ein großer Abwägungsprozess ab. Bei allen umstrittenen Gesetzen usw. ist das in der Regel so. Und da sagt sich dann der eine oder andere dann eben doch: "scheiß drauf, ich werde so oder so beschimpft, so schlimm ist es nicht, dann sage ich eben doch ja". Wer etwas erreichen will, muss freundlich sein.
Ob der Gesetzesentwurf wirklich verfassungsfeindlich ist, darüber kann man sich trefflich streiten. Du kannst Dir sicher sein: sehenden Auges rennt die Bundesregierung nicht in eine verfassungswidrige Situation; die wissen ganz genau: das landet vor dem Bundesverfassungsgericht UND dem EuGH.
Was die Argumente anbelangt: das Problem an der ganzen Diskussion ist, dass ein großer Teil der Argumente falsch und/oder unsinnig ist – von beiden Seiten. Und das macht sehr angreifbar. Deswegen bin ich der Ansicht, dass man nur mit wirklich validen Argumenten arbeiten sollte – aber das ist dann wieder eine andere Diskussion.
Rosa hat auf den Kommentar von Alvar Freude geantwortet
Wohier gerade Coachingzone ist: Ich habe ein paar - höfliche - Mails an MdB geschickt, mit der Bitte (inkl. Begründung), gegen VDS zu stimmen. Kann ich irgendetwas tun, damit das nicht einfach an die/den MdB meines Wahlkreises weitergeleitet wird (oder ich den Hinweis bekomme, mit dorthin zu wenden)?
Das heißt schon, dass die Mail nicht ernst genommen wird, oder? Steckt da irgendeine höhere Logik dahinter, die ich nur nicht verstehe?
Alvar Freude hat auf den Kommentar von Rosa geantwortet
Als (nebenberuflicher) Mitarbeiter einer MdB (gegen VDS) kann ich Dir ungefähr sagen, was es damit auf sich hat:
Es gibt zum einen im Bundestag eine Arbeitsteilung unter den Abgeordneten: jeder kümmert sich um seine speziellen Themen. Dafür sitzt man dann in der Regel im passenden Ausschuss. Die Leute aus den Ausschüssen bestimmen dann i.d.R. die Ausrichtung einer Fraktion zu einem Thema. Bei ganz großen Themen (wie der VDS) kann das aber auch noch andere Quellen haben. Daher: es ist bei inhaltlichen Anregungen oft sinnvoll, den thematisch passenden Abgeordneten zu kontaktieren.
Und jeder MdB hat natürlich seinen (und ihren ;-) ) Wahlkreis. Für die Menschen dort sind die MdB die Ansprechpartner. Und diskutieren mit den Bürgern alle Themen. Wenn es nicht „ihre“ Themen sind, dann holen sie (oder meist eher die Mitarbeiter) bei den Kollegen aus der Fraktion, die sich damit beschäftigen, die Informationen ein, wie die Fraktion dazu steht und so weiter. Man ist eine Art Gemeinschaft, vertraut sich gegenseitig, dass die anderen bei deren Themen schon das richtige sagen – angelehnt an die Leitprinzipien der Partei/Fraktion. Beispiel: Meine Chefin beschäftigt sich nicht mit der Fischereifangquote der Ostsee. Kommt ein Bürgerbrief, würde entweder an die zuständigen Kollegen verwiesen werden, oder es läuft eine Recherche an: was ist unsere Position dazu, warum, usw. – und dann wird eine Antwort geschrieben. Angenommen Du kommst aus Hamburg oder Köln und wendest Dich an eine Abgeordnete aus dem Schwarzwald mit einem fremden Thema – nun, dann bist Du halt falsch. Was soll die Abgeordnete dazu auch sagen? ;-)
Alle Themen bearbeiten kann keiner, das sind einfach zu viele. Daher spezialisieren sich die Abgeordneten. Wie in einem normalen Unternehmen eben auch. Das ist auch im Sinne der Qualität!
Bei sehr prominenten Themen wie der Vorratsdatenspeicherung ist es meist so, dass sich viele Abgeordnete ihre Meinung dazu bilden. Aus dem, was die Fraktionsführung sagt genauso wie aus eigener Erfahrung oder anhand von Presseberichterstattung, anhand der Argumente der Parteifreunde im Wahlkreis, anhand der Recherche der Mitarbeiter, der Ratschläge von Freunden und so weiter. Lobbyisten der hellen oder dunklen Seite geben auch mal Hinweise. Aber da das Thema VDS wie die meisten Aufreger sehr komplex ist, kennen sich auch nur wenige (unabhängig davon ob sie dafür oder dagegen sind) damit wirklich gut aus. All das schlägt sich in den Antworten (und der einzelnen Positionen) nieder.
Und mal ehrlich: was soll ein MdB aus Hamburg einem Bürger aus München sagen, wenn er ihn zu einem Thema fragt, das nicht seines ist? Klar, er verweist freundlich an den Kollegen aus dem richtigen Wahlkreis oder an die Fachkollegen. Und wenn dies bei einem Thema wie der VDS passiert, dann kann das vieles bedeuten. Zum Beispiel: MdB bzw. die Mitarbeiter haben sowieso schon alle Argumente gehört. Oder wissen selbst noch nicht wirklich, was sie sagen sollen. Oder sind genervt. Kann sein, dass sie Dich nicht ernst nehmen – aber genauso kann sein, dass sie Dich sehr ernst nehmen und nur sagen: hey, danke, aber da drüben, der kann das besser, das ist Dein Ansprechpartner.
Sprich: nie vergessen, MdBs und ihre Mitarbeiter sind auch nur ganz normale Menschen. Mal so, mal so. Die übliche Logik ist: es kümmert sich der darum, der zuständig ist. Der kann das viel kompetenter als andere, die sich damit nicht so tief beschäftigen.
Hoffe, diese etwas längliche Erklärung war hilfreich ;-)
Wolf-Dieter
Die Aufzählung weiß zu gefallen ... war ein kausales Schnäpschen im Spiel?