Wenn es um Filterblasen, Hass im Netz und rechtsextremistische Fake-News-Propaganda geht, steht meist Facebook im Mittelpunkt der Diskussion. Dabei spielt YouTube eine viel zu wenig beachtete Rolle. Wie der YouTube-Algorithmus Nazi-Trolle fördert, das kann man sehr gut bei der aktuellen Doku über Nazi-Hass-Trolle von Rayk Anders auf YouTube sehen:
Es ist schon ein paar Tage her, hier der Nachzügler: heise online bat mich um einen Kommentar zum Bundeshack, und da wenige tage nach Bekanntwerden des Hacks noch nicht viel bekannt war, habe ich mich auf ein paar allgemeine Punkte konzentriert:
Kommentar zum Bundeshack: Schluss mit Schlangenöl und Monokultur!
In der Zwischenzeit sind zwar ein paar mehr Punkte des Angriffs bekannt, aber nichts was meinen Thesen widerspricht. Es gäbe nur noch einiges hinzuzufügen. Solange aber von den Entscheidern eine Art Microsoft-Allmacht achselzuckend hingenommen wird, sind die genannten Punkte weiterhin die wichtigsten. Das wichtigste ist aber auf jeden Fall Bildung, die zu kompetenten Mitarbeitern führt. Aber das wird noch eine Weile dauern.
Seit einigen Wochen ist nun das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft, und wie zu erwarten reisst die Kritik nicht ab. Einige Kritik besteht zu recht, manch andere nicht. Wer auch immer die neue Regierung stellen wird und welche Mehrheit sich im Bundestag auch immer finden wird: Meines Erachtens dürfte eine der wichtigsten netzpolitischen Aufgaben sein, hier zu einem besseren Ergebnis zu kommen.
Aber eigentlich sitzt das Problem viel tiefer, nämlich in den Haftungsregelungen aus § 10 Telemediengesetz (TMG). Dies ist ein altes Problem: Plattformbetreiber sind für die Inhalte ihrer Nutzer ohne Kenntnis nicht verantwortlich – wenn sie aber Kenntnis haben, haften sie für die fremden Rechtsverletzungen voll. Dies hat zur Folge, dass vor allem inländische Plattformbetreiber relativ schnell Inhalte löschen, die ihnen Ärger einbringen könnten. Es ist also schon seit vielen Jahren Standard, was am NetzDG nun lauthals kritisiert wird.
Das NetzDG bietet die Chance, in der Hinsicht Verbesserungen zu ermöglichen. Aber erst einmal sollte man sich im Klaren sein, was man denn überhaupt haben will, welche Regelungen für große wie auch kleine Plattformbetreiber gelten sollen.
Nebenan bei WEN WÄHLEN? haben wir die Bundestagswahl-Challenge #BTW17Challenge gestartet.
Macht alle mit! 👍
Auch als Nachtrag zu meinen sieben Vorschlägen zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG): Im Rahmen meiner WEN WÄHLEN?-Interviews gibt es heute Abend ein Streitgespräch zwischen Ulrich Kelber, parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium und dort zuständig für das NetzDG, sowie Joerg Heidrich, Rechtsanwalt und NetzDG-Kritiker.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) wird von vielen pauschal als allerbösartigstes Zensurinstrument abgelehnt. Diese riesige Aufregung, die teilweise vorherrscht, kann ich mir nur so erklären, dass zum einen viele Kritiker gar nicht wissen, was das Gesetz genau vorsieht und zum anderen, dass sowohl einige politischen Gegner der Koalitionsparteien (vor allem die am extremistischen Rand) als auch die betroffenen Konzerne eine Show machen und Desinformation betreiben – das Narrativ vom bösen Zensurminister verfängt bei einigen ziemlich gut.
Das NetzDG hat meines Erachtens durchaus einige Schwächen, viele Juristen haben problematische Teile identifiziert, und man kann natürlich die Frage stellen, ob es überhaupt nötig ist und Facebook und Co. nicht schon einfach so das Richtige machen. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass dies eben nicht der Fall ist und insbesondere Facebook äußerst undurchsichtig und schwer nachvollziehbar agiert, teilweise harmlose Inhalte löscht und strafbare Inhalte weiter anzeigt.
Sieben Vorschläge
Und genau hier bietet ein NetzDG m.E. sogar die Chance, dass die Meinungsfreiheit und die Rechte der Nutzer (der marktbeherrschenden sozialen Netzwerke) gestärkt werden. Dazu wären aber ein paar Änderungen am Entwurf nötig:
- Meinungsfreiheit: Das von Plattformanbietern zu implementierende Verfahren muss die Meinungsfreiheit explizit beachten. Das bedeutet, dass die Meinungsfreiheit in die Bewertung des betreffenden Inhalts aufgenommen werden muss.
- Widerspruchsrecht: Der betroffene Autor, dessen Inhalt entfernt werden soll, muss ein Widerspruchsrecht haben.
- Eine weitergehende Möglichkeit könnte auch sein, dass er die Haftung explizit selbst übernimmt und den Plattformanbieter freistellt – im Gegenzug bleibt der betreffende Beitrag Online.
- Transparente Regeln: Die betreffenden Plattformen müssen nicht nur ihre „Community-Regeln“ veröffentlichen, sondern auch jegliche Regeln, Handbücher, Anweisungen und so weiter für die Mitarbeiter, die Beschwerden bearbeiten und evtl. Inhalte entfernen.
- Transparente Berichte: Die vom NetzDG geforderten Transparenzberichte sollten mehr Details enthalten müssen, u.a. auch mit welchen Methoden der Plattformanbieter die Meinungsfreiheit schützt, wie oft Nutzer einer Löschung widersprechen usw.
- Klasse statt Masse: Löschungen dürfen nicht nur deswegen durchgeführt werden, weil es viele Beschwerden gab.
- Belohnung: Kleine Plattformen, die sinnvolle und gute Verfahren implementieren, könnten mit einer erweiterten Haftungspriviligierung belohnt werden: keine Haftung für uneindeutig rechtswidrife Inhalte Dritter im Einzelfall, wenn ordentliches Verfahren dokumentiert und beispielsweise der Autor einer Löschung widersprochen hat.
- Offensichtlichkeit: Sinnvoll könnte auch sein, wenn sich die Löschforderungen des NetzDG vorerst auf die offensichtlich rechtswidrigen Inhalte beschränken würde.
Vor gut einem Monat haben die Journalisten und Datenjournalsten vom Tagesspiegel und Netzpoliitk.org gemeinsam die Twitter-Filterblase der AfD analysiert und dabei u.a. festgestellt, dass wichtige Accounts dort nur ein Scheinriese sind.
Die dortige Analyse kann ich nun mit eigenen Beobachtungen nachvollziehen und bestätigen: Retweets der gesamten AfD-Unterstützerschaar bringen gerade mal 18 Link-Klicks. Aber der Reihe nach …
Rechtsextreme und Ausländerhasser versuchen seit dem Trump-Sieg wieder vermehrt, mit Lügen und unhaltbaren Übertreibungen die Meinungsbildung in Deutschland zu bestimmen.
Ein alltägliches einfaches Beispiel: Torsten Schrammen, ehemaliger Vorsitzender der Piraten in Gütersloh, belabert mich auf Twitter dauernd mit irgendwelchen Links zu verschiedenen „Ach, die Flüchtlinge sind doch so schlimme Kriminelle und Vergewaltiger“-Berichten. Gestern wieder: das „chinesische Konsulat“ hätte – wegen „zu vielen Vergewaltigern“ eine „Reisewarnung für Deutschland“ herausgegeben. Aber: das ist – wie so vieles in diesen Debatten – glatt gelogen, es gibt keine Reisewarnung für Deutschland.
Das müsst ihr echt lesen, denn das ist echt voll krass: immer mehr Weihnachtsmärkte müssen aus Rücksichtsnahme vor Muslimen in „Wintermarkt“ umbenannt oder verboten werden, die Grünen wollen gar den Weihnachtsbaum abschaffen!
Solche und ähnliche Meldungen machen immer mehr die Runde („bitte teilen und weitersagen, wir müssen endlich die Wahrheit sagen!!!“ darf oft nicht fehlen). Nur: diese Behauptung schwankt schlicht zwischen falsch und erstunken und erlogen. Mal hat die BILD am Sonntag falsch berichtet und andere abgeschrieben, mal heißt der „Weihnachtsmarkt“ schon seit zehn Jahren „Wintermarkt“ – nicht weil irgendwelche Muslime irgendwas verbieten wollen, sondern weil er bis in den Januar geht. Und manchmal wird eine Aktion gegen den Islam vollkommen umgedeutet:
Oder: Für einen neuen Aufstand der Anständigen
Wie konnte es so weit kommen, dass in Deutschland die Zahl der Ausländerfeinde, Flüchtlingshasser und AfD-Wähler so dramatisch steigt? Was kann man dagegen tun? Wie konnte es so weit kommen, dass in manchen (virtuellen wie realen) Umgebungen sich diejenigen, die noch an die Würde des Menschen glauben und nicht fremde Menschen pauschal als Schmarotzer, „Rapefugees“ oder fiese Kriminelle ansehen in der Unterzahl fühlen, obwohl die Fremdenfeinde meist nur eine Minderheit darstellen?
Es liegt auch an Euch faulen Feiglingen!